Paul Kollenprat, 1900-1973
1900 – 1924
Paul Kollenprat wird am 19. Juni 1900 im Haus Brodi 1 geboren. Er ist fünf Jahre alt, als seine Mutter Neža stirbt. Von 3. November 1906 bis 8. April 1914 besucht er die zweiklassige Volksschule in Unterloibl. Ein Einrücken in den Ersten Weltkrieg bleibt ihm erspart, er ist laut Musterungsergebnis vom 6. Jänner 1917 nicht geeignet.
Paul ist 20 Jahre alt, als nur wenige Kilometer südlich seines Elternhauses eine Grenze gezogen wird. Nach der Volksabstimmung 1920 verliert er seine Arbeit im öffentlichen Dienst als Straßenarbeiter. Im Bauunternehmen Madile & Comp. und als Waldarbeiter verdient er fortan seinen Lohn.
Seine Geschwister verlassen das Loibltal in unterschiedliche Himmelsrichtungen. Er erbt als 24-Jähriger nach dem Tod des Vaters Miha das Elternhaus und bleibt mit der Stiefmutter Franca und seinen Halbgeschwistern Cena und Neži dort wohnen.
1938 – 1945
1938 heiratet er die aus dem Tal stammende Zefi Juch. 1939 kommt ihr erstes Kind, Hanzi, zur Welt, ein Jahr später ihr zweites, Fridi. Anfang der 1940er Jahre gelingt es Paul, wieder eine Anstellung im Straßendienst zu erhalten.
Im Feber 1942 rückt er als Wehrmachtssoldat bei der Luftwaffe ein. Seine bisher bekannten Stationen bei der Wehrmacht sind München-Gauting, Münster, Berlin, Krasnodar, Tangerog, Breslau, Krakau, Iserlohn und Penemünde.
Im August 1944 verlässt Paul das Haus Brodi 1 nicht, um zurück an die Ostsee zu gehen, wie nach dem Heimaturlaub vorgesehen, sondern er schließt sich einer Gruppe von Freiheitskämpfern an.
Am 18. Dezember 1944 wird Paul von der Wehrmacht gefangen genommen und in Celje arretiert. Am 6. Jänner 1945 wird er ins Landesgericht in Graz gebracht. Am 1. April 1945 wird er ins Gefangenenlager Hardtmuthgasse, Wien, überstellt, von wo aus er am 28. März mit anderen Gefangenen in einem mehrtägigen Fußmarsch nach Wöllersdorf geschickt wird.
Aufgrund einer Kniegelenksentzündung wird Paul im Lazarett Döllesheim operiert und kommt in Folge zur Ausheilung nach Gmunden. In der Zwischenzeit wird sein Haftbefehl aufgehoben und er erhält wieder den Status eines Wehrmachtssoldaten. Aus diesem Grund muss Paul nach seiner Genesung in die Kriegsgefangenenlager Mauerkirchen, Oberösterreich, und Bad-Aibling bei München.
Am 6. November 1945 kommt Paul wieder ins Loibltal zurück. Sechszehn Monate wusste seine Familie nichts über seinen Verbleib.
Am 4. Juni 1952 erhält Paul vom Amt der Kärntner Landesregierung den Opferausweis Nr. K-701.
1972, Paul und Zefi mit Enkelinnen Renate und Petra
1945 – 1973
Bis zu seiner Pensionierung bleibt er im Straßendienst tätig und baut sein Haus in Brodi 1 um. Er vermietet Gästezimmer, und da es beim Haus eine meteorologische Messstelle gibt, ist es seine Aufgabe, wöchentlich die Wetterwerte nach Klagenfurt weiterzuleiten. Postkarten, Fotografien und Aufzeichnungen aus den 1950er und 1960er Jahren dokumentieren seine Kuraufenthalte in Bad Schallerbach und Ausflüge unter anderem zur KZ-Gedächtnisstätte in Mauthausen oder zu seiner Schwester Neži nach Bayern.
Am 4. März 1973 stirbt Paul im Krankenhaus in Klagenfurt an einer Lungenentzündung
Demokratieentwicklung
[…] Ich betone nochmals und leugne nicht ab, ich habe gekämpft mit der Waffe in der Hand, eingesetzt im Sanntal in der Untersteiermark für ein freies und demokratisches Österreich sowie mehrere Kärntner, Salzburger und Tiroler.
Hätte mir Herr M. das nicht vorgeworfen, wäre es ja nie zu dieser Auseinandersetzung gekommen.
Hochachtungsvoll
Kollenprat Paul
Loibltal
Paul Kollenprat wurde Anfang der 1950er mehrfach wegs Rauferein in einem übermäßigen Genuss geistiger Getränke im Gasthaus angezeigt. Im ersten Absatz seines Einspruchs an den Bezirkshauptmann schrieb er:
Loibltal, den 20. IV. 54
Betrifft: Einspruch
Unterzeichneter bittet die löbliche Bezirkshauptmannschaft und bringt Einspruch vor.
Gebe zu, daß ich angeblich am 9.3.54 im Gasthaus Deutschpeter Loibltal in Zusammensein des Herrn Revier-Inspektor K. in einer längeren Unterhaltung, in deren Verlauf es zu dieser Auseinandersetzung kam, den Herrn M. – wo mich der klare Menschen-Verstand ganz versagte – angeblich einen Faustschlag ins Gesicht versetzte. Jedoch nicht in einem übermäßigen Genuss geistiger Getränke, sondern in einem mir vorgetragenen Vorwurf der Freiheitskämpfer aus den Jahren 1944 und 1945.
Herr Mokina hielt mir vor, falls ich bei den Partisanen gewesen, hätte ich nichts hier in Österreich zu tun, sondern gehöre hinüber, wo er mit der Hand über den Loibl ins Jugoslawische zeigte.
1958, Das Notizbuch
Paul Kollenprat war 1958 zur Kur in Bad Schallerbach und hat im Laufe seines Aufenthaltes Notizen aller Art in sein Büchlein geschrieben. Adressen von Freunden hat er vermutlich schon zu Hause notiert. Während des Aufenthaltes organisierte er sich die Zeit mit möglichen Freizeitaktivitäten. Eine moderne Kurtasche kaufte er sich, wie man in den Ausgaben lesen kann – und er war mehrmals beim Friseur. Im Kino, besuchte die Raphael Kapelle in Schallerbach und zeichnete Figuren vom Altar ab. Beim Besuch des KZ Mauthausen fand er Worte und Namen.
Von Juni 38 – 5.5.45 / 122.766 Hingemordete
das Lager wurde von / der Sowjetarmee der Öst
erreischischen Landes-Reg. / am 20. Juni 1947
übergeben. / Klage-Mauer.
An dieser Mauer mussten / Häftlinge oft Tage und Nächte
lang mit em Geicht zur / Mauer stehen __ . In diesem
Lager wurde sie ohne / tägliche Nahrung ohne
die Möglichkeit ihre Notdurft/ zu verrichten – verhört.
Spisak
Drugova koji so umrli / v logau Mauthausen
1. Milic Markovic / Tanarko Markovic
Bora Markovic / Mijodrag I. Nedeljkovic
Mijodrag Glišič/ Raska L. Oetrovic
Panta Milanowity/ Svetolik Todorovic
Živko Markovic, banjica / Bora Trošič
im ganzen 41 Personen / von Jugoslawien
32 Österreichische / Freiheitskämpfer / von Mödling ermordet.
7.000 Freiheitskämpfer / wurden im KZ Mauthausen
u. Gusen / Opfer des Nazismus
Leichen-Halle
Dießer Kammer war / ständig bis zur Decke / mit Leichen angefüllt
Galgenrichtstätte
Genick-Schuß-Zelle
Gaskammer
Akzeptierung-Raum
12.890
MAI 2019
IM ALROSEN ARCHIV KONNTE FABIO CURMAN MILIC MARKOVIC, TANARKO MARKOVIC, MIJODRAG GLIŠIČ, PANTA MILANOWITY UND SVETOLIK TODOROVIC FINDEN. MILIC MARKOVIC STARB AM 22.11.43 IN MAUTHAUSEN, IN GUSEN WURDEN MIJODRAG GLIŠIČ AM 28.3.44 UND SVETOLIK TODOROVIC AM 24.1.44 ERMORDET.
Heute noch: Deckendielen Holzhütte
Die Deckendielen der Holzhütte in Brodi 1 stammen von Baracken am Gelände des KZ Loibl-Nord, einem Außenlager des KZ Mauthausen. Eine Leiter sowie Holz-Pfosten vom Lagergelände sind ebenso erhalten geblieben.